Was Bauernhofpädagogik alles sein kann
Im vergangenen Jahr habe ich die Ausbildung zur Bauernhofpädagogin gemacht. Genauer, zur Bauernhoferlebnispädagogin. Ein Wahnsinnswort, das für mich eine wirklich intensive und lehrreiche Zeit beschreibt. Besonders viel lernen durfte ich dabei von Christine Hamester-Koch. Eine tolle Frau, die das Talent hat, andere tolle Frauen um sich zu sammeln. (Ja, ein paar Männer sind manchmal auch dabei.) Anfang Januar hat sie gleich 70 spannende Menschen aus ganz Deutschland und Luxemburg auf ihren Ellernhof eingeladen. Die Szene der Bauernhofpädagogen traf sich.
Pädagogik auf dem Bauernhof?
Nein, wir bringen den Schweinen nicht das Lesen bei und erziehen auch keine Esel. Bauernhofpädagogen machen Kindern und Erwachsenen die Landwirtschaft erfahrbar. Tiere und Natur dürfen mit ihrer Hilfe (wieder)entdeckt werden. Wie unglaublich vielfältig bauernhofpädagogische Angebote dabei sein können, ist mir an diesem Wochenende auf dem Ellernhof mal wieder klar geworden.
Auf vielen Höfen ist es möglich den Kindergeburtstag auszurichten oder das Kinder einen Jahreszeitenkurs besuchen, d.h. dass sich eine feste Kindergruppe ein Mal im Monat trifft, um den Hof und die Natur an dem Tag bewusst erleben zu dürfen. In den verschiedensten Angebotsformaten werden Geschichten auf dem Heuboden gelesen, am Lagerfeuer gekocht, kreatives aus Naturmaterialien gebastelt oder die Hoftiere versorgt, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Andere begrüßen besonders alte Menschen und Demenzerkrankte bei sich und laden sie zu einer Erinnerungsreise anhand von Gerüchen und alten Gegenständen, die sie sehen und fühlen können, ein.
Viele Landwirte haben neben den allgemeinen Angeboten noch spezielle Themen für sich entdeckt. Manche haben besondere Tiere, Alpakas zum Beispiel. Carl und Dörte Rusch brachten gleich welche mit, um zu verdeutlichen, wie sie mit ihnen arbeiten und wie diese unglaublichen Tiere als Seelenöffner wirken können.
Birgit Erichsen spricht gerne Platt und ist der Meinung, dass Plattdeutsch und Bauernhof einfach zusammen gehören. Während sie in den Kursen auf ihrem Hof mit den Kindern Kerzen gestaltet spricht sie ausschließlich so, wie sie es am liebsten mag und führt die Teilnehmenden somit ins Kreative und die Sprache ein. Learning by doing.
Melanie Göppert hat ihre Leidenschaft für Naturseifen entdeckt. Im Schwarzwald auf dem Biohof der Familie siedet sie mit Gruppen Seifen. „Dank“ der zahlreichen Allergien läuft auch ihr online-shop wie verrückt.
Das es nicht immer einen Hof braucht, um bauernhofpädagogisch zu arbeiten, zeigt uns Selina Wild. Sie fährt mit ihrer kleinen Hühnerschule in Kindergärten, Grundschulen und ist für Veranstaltungen buchbar. Anhand von aufgebauten Stationen und den mitgebrachten Hühnern zeigt sie, wo die Eier und das Fleisch her kommen.
Daniel Diehl lebt und arbeitet mitten in Berlin. Mit seinem Konzept Boden begreifen hat er schon Schüler und Schülerinnen aus über 40 Berliner Schulen raus auf den Acker gelockt. Begeistert und mit erdigen Händen sprach er davon wie viel Leben in einer Hand voll Boden ist. Er lies uns in der Erde wühlen, Regenwürmer zählen und machte anschaulich, wie viel CO2 im Boden steckt.
Menschen in das verliebt machen, was sie noch nicht kennen
Noch viel länger ist die Liste, der Leute, die ihre tollen Projekte vorgestellt haben. Besonders besonders an ihnen ist, dass sie das tun, was sie gut können und was ihnen ein echtes Anliegen ist. Sie lieben die Landwirtschaft – trotz allem. Sie jammern nicht, sondern möchten ihren Hof mit Leben füllen, Menschen an ihrer Arbeit und ihrem Wissen teilhaben lassen und begeistern. Natürlich geht es auch um alternative Einkommensquellen, den Wandel, der sich in der Landwirtschaft vollzieht zu gestalten und die Dinge neu in die Hand zu nehmen. Das erfordert nicht nur Mut, sondern manchmal braucht es auch den Austausch und die gegenseitige Unterstützung, die ein solches Treffen und vor allem auch Christine Hamester-Koch bieten. Sie ist die Frau, die Menschen verliebt macht, in das was sie noch nicht kennen und wirkt dadurch unglaublich inspirierend und motivierend. Sie nimmt die Herausforderungen so an, wie sie ihr begegnen und hat mittlerweile ihre Ideen aus der Bauernhofpädagogik in den Business Bereich hineingehoben. Auf ihrem Ellernhof (Fotot unten) leitet sie die Akademie für Natur und Business. Unter dem Motto natürlich, einfach, echt macht sie diesen wunderbaren Ort erlebbar. Ganze Abteilungen aus großen Firmen kommen in das außergewöhnliche Tagungshotel. Sie nutzen die Natur als Tagungsraum und freuen sich, wenn sie mal wieder gemeinsam am Tisch sitzen dürfen und sagen könne: Bitte reichen sie mir die Butter.
Schatzkiste Landwirtschaft
Und darum geht’s: zu erkennen, wo die eigenen Schätze liegen. Aus einer Bodenständigkeit heraus neue Horizonte zu eröffnen und die eigene Idee groß zu machen. Es braucht nicht viel: eine Hand voll Boden, ein Huhn oder eine gute Geschichte. Den Rest schaffen die Menschen, die den Schatz entdeckt haben.
2 Comments
Liebe Corinna,
jetzt hast du mich abgelenkt. Gerade sagt mir mein Smartphone über Facebook, dass es auf Hofsafari einen neuen Post gibt, also klicke ich rein. Ich lass schnelle in Lob für den schönen Artikel und die Vorstellung der Bauernhofpädagogik da und verschwinde wieder in meine Unterlagen. Morgen kommen zu uns 30 Kinder der 5. Klasse einer Gesamtschule auf den Hof um alles über Ökologische Mutterkuhhaltung zu erfahren. Mein 6 Stunden Programm steht fast, aber eben nur fast… Bauernhoferlebnispädagogik macht so einen Spaß, auch in der Planung, ich kann es kaum erwarten meine Methoden morgen an den Kids zu „testen“. freu freu freu
Horido, und bis bald!
Anja, du Fleißige 🙂
Ich freue mich schon auf’s klettern!
Da hätte ich dann auch noch die eine oder andere Frage zum Jahreszeitenkurs …