Es gibt nur eine Sache bei der ich relativ schnell die Nerven verliere und das ist die Ungeduld meiner Tochter. Damit treibt sie mich regelmäßig zur Weißglut. Und diese Ungeduld hat sie von mir. Kinder können einem so schonungslos den Spiegel vorhalten. Ich mag meine Ungeduld nicht, weder an mir, noch an ihr, aber wenn sie für irgendetwas gut ist, dann dafür, dass sie mir zeigt, wie sehr ich Vorbild bin. Oder besser Vor-Macherin, ich mache vor – sie macht nach. Egal was. Auch meine schlechten Seiten.
In letzter Zeit denke ich immer öfter, dass ich ihr gerne mehr nach-machen möchte. Sie hat so viele Eigenschaften und Fähigkeiten, auf die ich richtig neidisch bin:
- Ins eigene Tun versinken
- Im Moment leben
- Steine und Schneckenhäuser als Schätze ansehen können
- Sich über ein Bonbon unendlich freuen
- Die Zuversicht, dass alles möglich ist
- Der Blick für die kleinen Dinge
- Sagen was man denkt
- Unfähigkeit zu lügen
- Aufs Bauchgefühl hören
Besonders gerne würde ich mehr im gegenwärtigen Moment leben. Im Hier und Jetzt und nicht schon mit dem Kopf in der Planung der nächsten Woche stecken. Das fällt mir wirklich schwer. Sie jedoch, kann gar nicht anders als im Jetzt zu sein. Was morgen ist? Interessiert sie nicht!
„Kinder sind unsere wirklichen Lehrer.
Lerne ihnen zuzuhören –
sie erzählen dir von der Schönheit und der
Sorglosigkeit, die du nur im gegenwärtigen
Moment wiederfindest.“
Tibetische Weisheit
Ich frage mich, wie ich ihr diese Fähigkeit erhalten kann? Wie schaffe ich es, dass sie ein achtsamer Mensch bleibt? Was kann ich tun, dass sie als Erwachsene kein Achtsamkeitstraining besuchen muss (so wie ich) und dieses Bewusstsein erst mühsam wieder einüben muss? Hab ich da überhaupt ausreichend Einfluss oder gewöhnen Schule und Gesellschaft eh alles ab?
Eigentlich egal. Ich habe nur die eine Möglichkeit. Ich möchte ein achtsames Vorbild sein und das gelingt mir oft am besten indem ich ihr nach-mache.
- Ich bleibe auch stehen, bewundere ausdauernd den Regenwurm und scheuche sie nicht weiter.
- Ich versuche so viel am Wegesrand zu entdecken, wie sie.
- Ich schaue die Dinge an, als würde ich sie zum ersten Mal sehen.
Mit Kinderaugen sehen, eröffnet so viele Möglichkeiten. Mir hilft das sehr bei der Arbeit auf dem Hof. Wie oft sind wir in unsere Vorstellungen eingefahren, meinen wir zu wissen, wie es sein muss und glauben alle Möglichkeiten zu kennen. Wenn man Dinge anders machen möchte und neu in die Hand nehmen will, dann sind Kinder die besten Lehrer.
„Im Geist eines Anfängers gibt es
unendlich viele Möglichkeiten,
im Geist eines Experten nur wenige.“
Shunryu Suzuki
4 Comments
So schön geschrieben, und so wahr. Ich werde das wohl zum Anlass nehmen und versuchen bewusst nach-zu-machen. Vielen Dank!
So schöne Zeilen für die wirklich wichtigen Dinge im Leben. Vielen Dank, dass du so wertschätzende Worte für unsere Kinder und uns gefunden hast. Ich werde sie sofort teilen, damit sich noch mehr Menschen inspirieren lassen können und nehme die Zeilen in meinem Herzen mit in meine eigene Arbeit auf unserem Hof 🙂
Dankeschön!! Das ist toll 🙂
Ja…. Kinder sind die großen Lehrer. Und sie werden (zu) schnell groß. Ich liebe meine 3 Jungs, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Und jeder bringt und hat mich immer auf und zu anderen Dingen gebracht. Spiegel sind sie alle…. wie schön das ist!
GLG aus Österreich!
Nora